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Beethoven – ein grober Kerl

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Auf der Suche nach dem idealen Ort, dem perfekten Romanschauplatz ging mein Blick bisher in weite Ferne, dabei liegt das Gute oft so nah. Warum nicht die eigene Geburtsstadt wählen, die noch dazu eine Fülle musikalischer Inspiration bietet, gemischt mit humanistischer Erziehung und gemäßigt-historischer Bedeutung?
Bonn hat wunderschöne Hausfassaden aus Barock, Biedermeier und Gründerzeit zu bieten und interessante Persönlichkeiten angezogen. (Nicht wenige preußische Prinzen haben an der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität studiert.) Dazu kommt der rheinische Humor, der mir sehr am Herzen liegt.

Momentan lese ich ›So lebten sie im alten Bonn‹, eine Textsammlung von zeitgenössischen Beobachtern vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Dabei entdeckte ich eine witzige Anekdote über die Einweihung des Beethoven-Denkmals am 12. August 1845. Man findet sie nicht einmal bei Wikipedia, dabei ist sie sehr lesenswert.

(Berühmte Gäste waren damals übrigens Friedrich Wilhelm IV. und Gemahlin, Königin Victoria von Großbritannien und Irland und deren Gemahl, Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Franz Liszt, der das Denkmal sowohl finanziell als auch musikalisch unterstützte, und Alexander von Humboldt.)

»Sodann fiel auf ein gegebenes Zeichen die Hülle, und als das Bild des gefeierten Heros der Tonkunst goldig im Sonnenlicht erglänzte, da erbebte die Luft von dem lauten Jubelruf der tausendköpfigen Menge begleitet von Gewehrsalven und schmetternden Fanfaren. [...] Als die Hülle gefallen war und Beethoven ihnen [den hohen Herrschaften] nicht sein Gesicht, sondern die Gegentheile des menschlichen Körpers präsentierte, da lachten einige Hofdamen laut auf, und Königin Victoria schaute empört, und Friedrich Wilhelm IV. äußerte verwundert, »der dreht uns ja den Rücken zu!« In dieser peinlichen Situation fand Alexander von Humboldt das richtige Wort mit der Bemerkung: »Er ist in seinem Leben ein grober Kerl gewesen. Warum sollte es nach seinem Tode anders sein?«
(K. Schorn, 1898)

Das ist das Schöne an der Recherche: Man entdeckt in Büchern solch kleine Kostbarkeiten, die man im Internet bei den oft lieblos zusammengeklatschten Informationen niemals entdecken kann.

»Die Seele des Ganzen war Liszt, der seinen Wohnsitz in Köln genommen hatte und mit Feuereifer die Proben abhielt.«(K. Schorn, 1898)

Franz Liszt organisierte nicht nur das Konzert, sondern sogar den Bau einer neuen Festhalle, indem er den Kölner Dombaumeister Zwirner engagierte.
Gespielt wurde unter anderem die 9. Sinfonie:

Liebe Grüße
Nikola


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